Einleitung
Heute geht es um das Spiel Posthuman, welches in einer Kickstarter Kampagne gefördert wurde. Aufmerksam geworden, bin ich darauf eher zufällig als gewollt auf der SPIEL 2015 in Essen. Dort kamen mir sehr viele Menschen mit durchsichtigen Tüten und einem auffälligen Cover, was mich sehr neugierig machte, entgegen. Leider konnte ich den Titel sowie den Verlag des Spieles nicht genau erkennen, was das Aufsuchen des dazugehörigen Standes sehr schwierig machte. So nervte ich meine Begleiter solange mit dem scheinbar interessanten Spiel ohne Informationen, bis wir uns zu einer Informationstafel begaben. Dort fanden wir heraus, das es sich wahrscheinlich um das Spiel Posthuman von Mr. B. Games handeln musste, es passte in die Halle, wo ich die Leute mit den Tüten herumlaufen sah und vom Namen passte es ja auch.
Infobox – Posthuman
Autoren | Gordon Calleja |
Grafiker | Widd3rshins , Fabrizio Cali, Mark Casha, Chris Jensen, Jake Mifsud |
Verlag | Mr. B Games, Mighty Box (Mighty Box Games), Mighty Boards |
Jahr | 2015 |
Thema | Abenteuer, Würfel, Entdecken, Kämpfen, Science Fiction |
Mechaniken | Würfel, Modulares Spielbrett, Partnerschaften, Rollenspiel, Variable Player Powers |
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So begaben wir uns gleich Samstag früh in eine der kleineren Hallen um den Stand von Mr. B. Games aufzusuchen. Dieser war auch noch ziemlich leer, was auch daran lag, das es gar kein richtiger Stand war, sondern nur ein Tisch mit dem Spiel zum Ausprobieren und einem anderen, an dem man die Spiele aus der Kampagne abholen konnte. Dort erzählte uns eine nette Dame, die eigentlich nur fürs Verteilen der bestellten Spiele zuständig war, natürlich nur auf Englisch, das die Entwickler des Spiels noch unterwegs seien, wir uns aber gerne schon an den Tisch setzen könnten. Das taten wir dann auch. Das Spiel war schon aufgebaut und Martin begann etwas in der Anleitung zu stöbern und schon mal ein bißchen zu erklären. Ab und zu tauchten immer ein paar Leute auf, die ihr bestelltes Spiel abholten und nach einiger Zeit, trafen dann auch die erwarteten Spieledesigner am Stand ein. Sie entschuldigten sich für die Verspätung, doch war es verkehrstechnisch wohl etwas schwierig zur Messe zu gelangen, kein Wunder am Samstag und Sonntag ist die Messe bekannterweise immer am meisten frequentiert.
Sofort gesellte sich einer der beiden Jungs zu uns, um uns das Spiel näher zu bringen. Außer Martin, Peter und mir war noch jemand anderes mit am Tisch, der mit uns auch schon gewartet hatte. So starteten wir eine Probepartie zu viert. Das Spiel wurde uns super erklärt und hat uns gleich in seinen Bann geschlagen. Es lebt sehr von der Spannung, der Interaktion und der Ungewissheit, aber zum Spiel selber später mehr. Das Spiel gefiel uns so gut, das ich während der Partie von meinem Stuhl gekippt bin, da der Klappstuhl auf dem rutschigen Boden doch sehr rutschig war. Man war das peinlich.
Nach ein paar Runden verabschiedete sich unser 4ter Mitspieler aus der Runde und auch wir hatten genug gesehen und wussten das wir dieses Spiel gerne erwerben würden, wir wollten unseren letzten Tag auf der Messe ja gerne auch noch andere Sachen sehen. Auf Martins Frage hin, ob wir denn eines käuflich erwerben könnten, folgte die Ernüchterung. Nein, denn die hier vorhandenen Spiele, sind nur für die Abholer aus der Kickstarter Kampagne vorgesehen. Er reichte uns aber einen Zettel, auf der wir unsere Email Adresse vermerken sollten, sie würden sich dann nach der Messe und der Rückkehr nach Hause bei uns melden, mit einer Möglichkeit das Spiel nachträglich zu einem fairen Preis mit allen Kickstarter Exclusives zu erwerben. Na das war ja mal ein Wort und so konnten wir wohlgelaunt den Stand von Mr. B. Games verlassen.
So ging einige Zeit ins Lande, es ging schon fast auf Dezember zu und wir hatten immer noch keine Nachricht von den Jungs von Mr. B Games erhalten. So entschieden wir uns, mal eine kleine Erinnerungs- Email zu schreiben und erhielten auch schon kurz darauf eine nette Antwort. Man hätte uns nicht vergessen, aber im Moment gäbe es Probleme mit den Containern, in dem die Spiele unterwegs wären und erstmal würden ja auch noch die restlichen Kickstarter – Unterstützer ihre Ware erhalten. In der nächsten Zeit sollten aber noch ein paar übrig gebliebene Spiele zum Verteilen auf dem Weg nach Europa sein.
Und so verging weiter einiges an Zeit, ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, da traf ein Paket bei unserer Nachbarin ein. Ich war sehr gespannt, was sich denn in dem unbekannten Paket verbergen mochte, hatte ich doch keine Bestellungen mehr offen. Nachdem dann der Karton geöffnet war und das Füllmaterial beiseite geschoben war, lachte mich das schon etwas in Vergessenheit geratene, auf der Messe aber sehr einprägende Cover von Posthuman an. Damit hatte ich jetzt gar nicht mehr gerechnet, vor allem so kurz noch vor Weihnachten und weil wir gar keine Nachricht mehr bekommen hatten, das das Spiel unterwegs sei und demnächst bei uns eintreffen sollte. Somit stand einer vollständigen Partie noch im Jahr 2015 nichts mehr im Wege.
Spielidee/Prinzip
Posthuman ist ein postapokalyptisches Spiel. Jeder Spieler verkörpert einen der letzten Überlebenden einer verheerenden Seuche. So verzweifelt, wie sie sind, versuchen sie mit letzter Kraft die “Festung” zu erreichen – wahrscheinlich die einzig verbliebene Siedlung mit menschlichen Bewohnern.
Dies wird keine einfache Reise werden, denn die Vorräte sind knapp und die Mutanten trachten uns nach dem Leben, infizieren uns gegebenenfalls sogar mit dem Virus und wir werden gezwungen die Seite zu wechseln. Können wir es schaffen unsere Menschlichkeit zu bewahren oder müssen wir uns letztendlich der Mutation ergeben?
Auf dem Weg zur Festung müssen wir 10 Zonen einer zufällig entstehenden Karte bestehen. Jede Zone bzw. Karte hält thematische oder kämpferische Begegnungen für uns bereit, die wir meistern müssen um auf der Karte voranzukommen. Bei dem Aufeinandertreffen mit Mutanten besteht wie gesagt die Gefahr, das wir uns durch erlittene Wunden infizieren und selbst zum Mutant werden und uns somit gegen die anderen menschlichen Spieler wenden. Die Überlebenden selbst können sich gegenseitig helfen oder sich als Einzelkämpfer versuchen, währenddessen die Mutanten immer zusammen spielen und natürlich versuchen, die Überlebenden vom Erreichen der Festung abzuhalten.
Spielanleitung
Die Anleitung von Posthuman ist gut zu lesen und übersichtlich gegliedert. Man sollte sie allerdings sehr sorgfältig lesen um jede erwähnte Mechanik und Begrifflichkeiten im Kopf zu haben. Das kann aber einen Moment dauern, beispielsweise auch, was die Auswertung der Würfel (bei Kämpfen) angeht. Für “Notfälle” gibt es aber auch Hilfe in Form einer beiliegenden Zusammenfassung, die man während des Spiels gut nutzen kann.
Spielmaterial
Meist hört man davon nicht viel, doch hier muß ich es einmal ansprechen: Der Spielekarton. Mir ist gleich als Erstes aufgefallen, das er von besonderer Qualität ist. Die Schachtel ist nicht groß, der Karton aber unheimlich dick und stabil, was auf eine hohe Wertigkeit schließen lässt. Man fühlt seine Spielmaterialien in dieser Schachtel gut behütet.
Das sehr kleine Spielbrett schließt sich der Box an, auch hier ist der Karton von sehr guter, dicker Qualität, die Grafik auf dem Spielbrett sehr ansprechend.
Etwas bemängeln muss ich die Charaktertafeln der Spieler. Diese sind nicht wie die Box und das Spielbrett mit dicker Pappe versehen, sondern nur mit einer sehr dünnen, die sich sehr leicht durchbiegen lässt. Dieses hat zur Folge, das die Plättchen mit den Charakterwerten nicht richtig gut in der Charaktertafel sitzen und sich sehr leicht verschieben. Dies geschieht meist bei der kleinsten Berührung und die Plättchen schieben sich unter die Tafel. So passiert es leicht, das man alle Werte unter der Tafel wiederfindet und alles mühsam wieder einsortieren muss, dabei fliegen dann meist auch noch die Würfel für die Anzeige der Gesundheits- und Moralwerte vom Brett, was sehr nervig sein kann, da es sehr müßig und fummelig ist, es wieder hineinzubekommen. Hier hätte man sich etwas mehr Mühe geben können. Abhilfe könnte es hier übrigens schaffen, wenn man dahinter beispielsweise einfach noch ein Stück zurechtgeschnittenen Karton klebt 🙂 – schon flutscht nix mehr raus.
Die vielen Spielkarten wiederum sind schön illustriert und gut verständlich sowie auch von guter Qualität.
Etwas unglücklich finde ich wiederum die Farbwahl der Spielerfiguren, so gibt es ein Hell- und Dunkelgrau, was nur schwer zu unterscheiden ist. Hier hätte man auch gut zu einer anderen Farbe greifen können, da gibt es ja nun genügend zur Auswahl. Die Spielfiguren sowie die Würfelmarker sind aus Holz und gut verarbeitet.
Etwas origineller hätte man auch die Marker für Munition und Nahrung gestalten können. Diese sind auch wiederum sehr klein geraten, aber nun ja, es gibt schlimmeres.
Die Marker zum Einstellen der Werte sind auch etwas dunnhäutig, dort gibt es ja auch das Problem mit der Passgenauigkeit in die Charaktertafeln, was sehr schade ist.
Die Würfel haben eine gute Qualität und die Symbole sind sehr gut zu erkennen und zu unterscheiden.
Spielablauf
Anfangs wählt jeder Spieler einen vorgefertigten Charakter oder baut sich geschwind selber einen. Als nächstes werden die Werte für Geist, Geschwindigkeit, Stärke, Nahkampf und Fernkampf in die dafür vorgesehenen Felder der Charaktertafel gesteckt. Nun werden noch die Werte für Moral und Gesundheit ermittelt und mit entsprechend farbigen Holzwürfeln in die dafür vorgesehenen Spalten geschoben. Jeder Spieler wählt eine Farbe und bekommt sein Startfeld zugeteilt. Zudem bekommt er die auf seiner Charaktertafel stehenden Startausrüstungen und evtl. Fähigkeitskarten, sowie Nahrung und Munition. Nun kann das Spiel auch schon beginnen.
Jede Runde beinhaltet jeweils 5 Phasen:
- Ereignis: Der Startspieler beginnt und liest die oberste Karte des Ereigniskartenstapel vor. Es gibt normale und saisonale Ereigniskarten. Bei den normalen Karten gilt der Effekt für eine Runde, bei einem saisonalen Ereignis bleibt dieses solange aktiv, bis eine neue saisonale Ereigniskarte gezogen wird. Die Ereignisse auf den Karten können positive als auch negative Auswirkungen haben.
- Nahrung: Jeder Spieler, der sich nicht auf einem sicheren Feld befindet, muss eine Nahrung abgeben. Sollte man die nötige Nahrung nicht besitzen, wird der Hungermarker ein Feld verschoben. Umso weiter er wandert umso gefährlicher wird es, denn Hunger kann den Verlust von Moral, Gesundheit oder auch den Tod bedeuten.
Aktionen: Nun wählt jeder Spieler eine seiner Aktionskarten aus und legt sie verdeckt vor sich ab. Aktionen können sein
- Campen: Wenn man sich entscheidet zu campen, kann der Charakter 2 Gesundheit zurück bekommen, wenn man sich auf einem sicheren Feld befindet, kann man sich zusätzlich noch für eine Moral oder eine zusätzliche Gesundheit entscheiden.
- Durchsuchen: Der Spieler kann erkundete und abgehandelte Landschaftsplättchen noch einmal gründlich durchsuchen und erhält die auf der zugehörigen Versorgungskarten abgebildeten Ressourcen. Jede Terrainkarte kann nach der Abhandlung nur jeweils noch einmal durchsucht werden, das heißt insgesamt 2 mal. Nicht alle Terrainplättchen können erforscht werden.
- Erkunden: Mit dieser Aktion werden neue Terrainplättchen rund um den aktuellen Standort erkundet, allerdings nur dort, wo welche angelegt werden können, dieses geht nur an den Punkten, die auf den Plättchen abgedruckt sind. Sind dort keine Punkte vorhanden, können auch keine neuen Teile angelegt werden.
- Bewegung: Mit dieser Aktion werden die Terrainplättchen abgehandelt. Der Spieler kann sich nun entweder auf ein benachbartes noch unerforschtes Terrainplättchen begeben oder ein neues Plättchen ziehen (so noch Anschlüsse vorhanden sind) oder sich auf dem aktuellen Feld eine Zone weiterbewegen.Auf jeder Zone sind verschiedene Anzahlen von Figuren vorhanden, die die Anzahl der zu bestehenden Begegnungen darstellt. So können diese direkt in einen Kampf führen oder in eine Begegnung mit verschiedenen Personen, welche von dem Spieler eine Entscheidung bzw. einen Test verlangt. Es gibt Begegnungskarten der Stufe 1, 2 und 3, abhängig von seinem Fortschritt auf dem Weg zur “Festung”.
Für jede Zone eines Terrainplättchen, welches der Spieler abgehandelt und bestanden hat, erhält er einen Reisepunkt. Das bedeutet, er darf auf dem Spielbrett mit seiner Spielfigur ein Feld gen Festung vorrücken.
Wenn eine Begegnungskarte aufgedeckt wird, die einen Kampf hervorrufen würde, kann der Spieler sich entscheiden zu kämpfen oder dem Kampf aus dem Weg zu gehen. Das Ausweichen hat allerdings auch Nachteile. Denn um dem Kampf schadlos zu entgehen, muss zum einen eine Probe bestanden werden und zum andern entgehen einem so etwaige Erfahrungspunkte durch das besiegen des Gegners.
Ein Kampf wird in Fern- und Nahkampf unterteilt. Besitzt der Spieler oder der Gegner eine Fernkampfwaffe wie z.B. eine Pistole, wird dieser zuerst abgehandelt. Ist der Kampf dann noch nicht entschieden gehen die beiden Kontrahenten in den Nahkampf über, der immer über 3 Runden geht. Für die Kämpfe werden gesonderte Regeln angewandt, auf die ich hier nicht detaillierter eingehen möchte.
Geht der Spieler als Sieger aus dem Kampf hervor, bekommt er die Karte des Gegners, den er gerade besiegt hat und legt diese zu seinem Inventar als Erfahrungspunkte. Besitzt der Spieler 6 solcher bestandenen Kampfkarten kann er eine seiner Fertigkeiten um 1 erhöhen und gibt die Karten dann wieder ab.
Doch die Kämpfe bringen auch Gefahren mit sich. Wird der Spieler von einem Mutanten angegriffen und verletzt erhält er Wundenkarten. Ab der 3. oder 4. Karte kann er sich entscheiden die Mutation noch zu unterdrücken oder zu mutieren, ab der 5. Karte mutiert der Spieler automatisch. Von nun an spielt er gegen die noch verbliebenen menschlichen Spieler. Dazu bekommt er mit den gezogenen Karten bestimmte Fähigkeiten und er zieht zusätzlich jede Runde eine Mutantenaktionskarte, die er in seinem Zug gegen die Spieler verwenden kann.
Spielende
Posthuman endet wenn ein menschlicher Spieler die Festung erreicht oder alle Spieler mutiert sind.
Fazit
Posthuman ist ein Spiel auf das ich wie schon oben erwähnt eher durch Zufall aufmerksam geworden bin, zum Glück muss ich sagen, denn sonst wäre uns ein super stimmiges, atmosphärisches, immer wieder anderes Spiel entgangen. Es spielt sich super flüssig und die Mechanismen hat man ziemlich schnell verinnerlicht. Auch wenn das Spiel auf Englisch ist, sollte man davor auf keinen Fall zurückschrecken, denn man hat die Karten und deren Auswirkungen ziemlich schnell verstanden.
Es macht unheimlich viel Spaß und ist sehr vielseitig, da man ja in jedem Spiel andere Terrainplättchen aufdeckt, die andere Begegnungen zur Folge haben. Auch wenn ich es bis jetzt noch nicht geschafft habe, als Sieger vom Spielbrett wegzugehen, hält es mich nicht davon ab immer wieder eine Revanche zu fordern. Bis jetzt bin ich noch nicht mutiert, war aber schon mehrmals kurz davor, dafür einige von unseren anderen Mitspielern und sie hatten ab diesem Zeitpunkt mächtig viel Spaß, mir das Weiterkommen zu vermasseln. Und ich muss sagen, als einziger Überlebender gegen 3 Mutierte ist es eigentlich nicht zu schaffen, es sei denn, man ist auf dem Spielbrett schon ziemlich weit fortgeschritten.
Insgesamt ein fantastischer und atmosphärisch dichtes Spiel, das mich einfach in seinen Bann gezogen hat. Es hat gar einige Rollenspielelemente (Charakterentwicklung, Entscheidungen,…) mit dabei. Ich bin gespannt, ob sich die Entwickler noch Erweiterungen einfallen lassen – ich wäre jedenfalls begeistert 🙂