Einleitung
Heute versuche ich mich mal an einer Rezension für ein Spiel das bei uns bis vor kurzem im Spieleschrank sein Dasein fristete: Im Wandel der Zeiten. Es handelt sich um einen echten Kracher unter den Strategiespielen. Wir fragen uns, warum wir uns nicht früher mal daran gewagt haben und uns durch die Anleitung gekämpft haben. Aber besser spät als nie. Denn wir können auch hier ein echtes Highlight präsentieren, welches aufgrund der Länge zwar nicht dauernd aber doch öfters auf den Tisch kommt.

Spielprinzip/Idee
Wir führen eine Zivilisation über 3 verschiedene Zeitalter und können sie nach eigenen Wünschen gestalten. Ob wir unseren Schwerpunkt dabei auf Militär, Technik, Religion oder Kunst legen bleibt uns dabei selbst überlassen. Wir können die verschiedenen Geschicke von Anführern wie Napoleon, Ghandi und Aristoteles nutzen. Nebenbei müssen wir noch den Bau von verschiedenen Wundern vorantreiben. Dieses Zivilisationsaufbauspiel kann in 3 verschiedenen Komplexitätsstufen gespielt werden.
Infobox – Im Wandel der Zeiten

Autoren | Vlaada Chvátil |
Grafiker | Richard Cortes, Paul Niemeyer |
Verlag | Pegasus Spiele, Eagle-Gryphon Games, Portal Games, IELLO, Czech Games Edition |
Jahr | 2006 |
Thema | Städtebau, Zivilisation, Wirtschaft |
Mechaniken | Action Point Allowance System, Auktion/Gebote, Karten draften, Kartenhand verwalten |
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Spielanleitung
Die 32 Seiten umfassende Anleitung schreckt am Anfang ab. Schon allein 16 Seiten werden für das Einsteigerspiel benötigt, es sind aber einige Beispiele beschrieben. Die restlichen Seiten sind für die Beschreibung des Fortgeschrittenen- und Expertenspiel vorgesehen, sowie für den Grundaufbau und die Endabrechnung. Wenn man sich erst einmal durch die Anleitung durchgewühlt hat und die verschiedenen Schwierigkeitsgrade durchgespielt hat, ist das Spielprinzip verinnerlicht und es spielt sich flüssig.

Spielmaterial
Beim ersten Öffnen der großen Box macht sich etwas Skepsis breit. Ein Zivilisationsaufbauspiel ohne Landkarte? Dieses Spiel basiert auf Karten, die alle verständlich sind. Allerdings hätte man sich bei der Gestaltung doch etwas mehr Mühe geben können. Das Spielbrett ist meines Erachtens viel zu groß geraten, denn damit ist schon fast kein Platz mehr auf dem Tisch. Allerdings werden auf ihm nur die Siegpunkte, sowie verschiedene Fortschrittsspunkte festgehalten und ein paar Karten in der Auslage abgelegt. Das hätte man auch viel kleiner gestalten können zumal das Spiel für die vielen Karten schon genug Platz benötigt. Die Ressourcensteine sind dafür extrem klein geraten und flutschen des Öfteren durch die Finger.

Spielablauf
Um seine anfänglich kleine Zivilisation weiterzuentwickeln muss man sich für verschieden teure Aktionen Karten aus der Auslage nehmen. Am Anfang erhält jeder Spieler 25 gelbe Arbeiter auf sein Tableau, die dann Später zu Soldaten, Bauern, Mienenarbeiter werden oder ihren Platz in verschiedenen Gebäuden finden. Dazu gibt es noch 18 blaue Rohstoffe, die entweder Nahrung oder Steine darstellen. Dazu bekommt man anfangs 4 weiße Aktionssteine und 2 rote Militärsteine. Zusätzlich werden noch verschiedene Wertungssteine in Spielerfarbe auf dem Spielbrett und dem eigenen Zivilisationtableau platziert. Nun kann es schon losgehen.

Mit seinen Aktionssteinen kann man sich verschiedene Karten aus der Auslage nehmen, die von 1 – 3 Steine teuer sind. Diese Karten können z.B
- Aktionskarten sein, die einem wenn sie ausgespielt werden einmalig z.B. Nahrung oder Steine bringen, manchmal auch die Kosten von Gebäuden oder anderen Dingen reduzieren.
- Technologien sein, die z.B, verbesserte Farmen oder Minen mit mehr Produktion bringen
- Militärtechnologien sein, die bessere Einheiten produzieren
- Wunder sein, die verschiedene Vorteile bringen
Es sollten Farmen und Minen gebaut werden. Farmen produzieren Nahrung für die Bevölkerung, das Anwerben von neuen Arbeitern kostet auch Nahrung. Minen produzieren die dringend benötigten Steine für den Bau von Gebäuden.
Für die Forschung sollten Labore gebaut werden, damit werden Wissenschaftspunkte produziert, mit denen neue Technologien entdeckt werden können.
Tempel bringen jede Runde Punkte auf der Kulturleiste/Siegpunktleiste sowie “Glückliche Gesichter” in der Bevölkerung. Dies ist sehr wichtig, denn sollte die Zivilisation, mal unglücklich werden, kommt es zur Revolte und die Bevölkerung verweigert die Arbeit.
Die Armee sollte auch nicht so kurz kommen, um sich vor möglichen Aggressionen oder Kämpfen mit Mitspielern zu schützen.
Wunder bringen der Zivilisation recht gute und permanente Vorteile und sollten nicht fehlen.
Es gibt also genug zu tun, nur hat man am Anfang des Spieles sehr wenig Rohstoffe.
Bei den Karten wird zwischen Zivilkarten (blaue Rückseite) und Militärkarten (orangefarbene Rückseite). Zivilkarten sind Technologien, Anführer, Wunder und neue Regierungsformen., die der Spieler dauerhaft vor sich ablegt. Daneben gibt es noch die Aktionskarten, die einen einmaligen Effekt haben.

Militärkarten beeinflussen das Spielgeschehen immens, spielen aber erst ab dem Fortgeschrittenenspiel eine Rolle.
Im Einsteigerspiel werden nur bestimmte Karten benötigt. Abgesehen von der ersten Runde, in der die Spieler nur Karten auf die Hand nehmen dürfen läuft das Spiel immer in 4 Phasen ab.
- Der Spieler füllt die Kartenreihe neu auf. So fallen Karten, die kein Spieler haben wollte schneller heraus, und die nachrückenden Karten werden billiger.
- Es kann eine Ereigniskarte aufgedeckt werden, die im Einsteigerspiel nur positive Folgen haben.
- Diese Phase macht den Hauptteil des Spieles aus.Zu Beginn hat jeder Spieler 4 Zivil- und 2 Militäraktionen. Mit den Zivilaktionen kann man z.B. Karten aus der Kartenreihe kaufen und auf die Hand nehmen oder mit einer weiteren Zivilaktion gleich ausspielen . Wunder werden immer sofort ausgelegt. Man kann einen neuen Arbeiter aus dem Vorrat ins Spiel bringen und muss dafür Nahrung bezahlen. Mit diesen Arbeiten können auch neue Gebäude errichtet werden, in dem man die fällige Anzahl an Rohstoffen zahlt und den Arbeiter dort platziert.
- In dieser Phase erhält der Spieler seine Wissenschafts- und Kulturpunkte, die auf der Zuwachsleiste vermerkt sind. Er produziert an Hand seiner Farmen und Minen Nahrung und Steine. Hierfür werden die blauen Steine aus dem Vorrat auf die entsprechenden Felder gelegt. Dann wird die Zivilisation ernährt, was natürlich von der Größe der Zivilisation abhängt. Dazu werden die Nahrungssteine aus der Farm wieder in den Vorrat geschoben.
Ab dem Fortgeschrittenenspiel kommen die dementsprechenden Zeitalterkarten mit ins Spiel. Außerdem werden 4 Bonuskarten ausgelegt, die anzeigen, für was es am Ende des Spieles noch zusätzliche Siegpunkte gibt.
Ab nun kommt auch die “Korruption” ins Spiel. Das bedeutet, wenn der Spieler am Ende des Zuges zu viele Steine auf seinen Minen liegen hat, muss er wieder eine bestimmte Anzahl in den Vorrat zurück geben.

Auch spielt die Glückseligkeit nun eine Rolle. Sind die Arbeiter unglücklich, gehen sie ihrer Arbeit nicht mehr nach, was im schlimmsten Fall zu einer Revolte führen kann.
Der größte Unterschied besteht jedoch in den Militärkarten, die ab jetzt ins Spiel kommen. Diese kommen nun nicht mehr automatisch am Ende der Runde, sondern die Spieler können für jede ihrer übrig gebliebenen Militäraktionen eine eine Militärkarte ziehen. In Phase 2 können sie dann gespielt werden und es können auch andere (negative) Ereignisse auftreten.
Die Militärkarten werden nur ausgespielt wenn ein Spieler eine davon auf den Stapel der zukünftigen Ereignisse legt, nun wird sofort eine aus dem gegenwärtigen Ereignissen gezogen und ausgeführt. Es vergeht also immer etwas Zeit bis die Militärkarten aufgedeckt werden, denn erst wenn der Stapel mit den gegenwärtigen Ereignissen aufgebraucht ist kommt der mit den zukünftigen ins Spiel.
Nun kommen auch Koloniekarten ins Spiel. Hier bieten die Spieler mit ihrer militärischen Stärke darum, wer dieses Territorium kolonisieren darf und erhält den aufgedruckten Bonus. Man kann mit Mitspielern Pakte schließen und Aggressionen gegen sie spielen. Hier gewinnt auch der Spieler mit der größten militärischen Stärke, die aber durch Karten noch modifiziert werden kann, z.B auch durch eine Taktikkarte, die für das Aufstellen bestimmter militärischer Stärke Boni gibt.
Sobald ein Zeitalter endet müssen die Spieler Anführer, Handkarten und Wunder im Bau des vorherigen Zeitalters abwerfen.
Im Expertenspiel kommen nun zusätzlich noch die Kriegskarten ins Spiel und die Karten aller Zeitalter werden gespielt. Ein Krieg spielt sich ähnlich wie eine Aggression nur das der Krieg schon eine Runde vorher ausgespielt werden muss, bevor er in Kraft tritt. Der angegriffene Spieler kann also noch Maßnahmen zur Verteidigung ergreifen.

Fazit
Im Wandel der Zeiten ist definitiv ein Spiel für Vollblutstrategen mit einigem Sitzfleisch, denn nicht selten dauert eine Partie zu 4t mal 3 – 4 Stunden oder auch mehr. Angenehmer Weise wird einem der Einstieg durch die Aufteilung der Regeln in drei Schwierigkeitsstufen nicht ganz so schwer gemacht.
Die Mechanismen scheinen sehr gut ausgereift.
Im Wandel der Zeiten ist, wenn man so will, ein Kartenspiel mit Brettspielfeeling. Durch die klar getrennten Spielzüge der Spieler kann es öfters zu Wartezeiten kommen, die man aber natürlich mit eigenen Überlegungen ausfüllen kann (und auch sollte). Die lange Spieldauer sehe ich insgesamt eher als Vorteil, da man endlich mal in der Lage ist eine Zivilisation in “Ruhe” aufzubauen, ohne sich vom Spiel gedrängt zu fühlen. Man hat irgendwie immer das Gefühl noch etwas verbessern zu können und noch genügend Zeit zu haben verschiedene Dinge zu erledigen. Fehler können ohne größere Probleme noch korrigiert werden.
Die Frustrationsrate sollte sich eigentlich in Grenzen halten da man sich immer noch umorientieren kann, wenn man einmal aufs falsche Pferd gesetzt hat. Doch sollte man auf alle Fälle das Militär nicht ganz vergessen, denn ist dieses Aggressions- und Kampfsystem nichts für Spieler mit großem Harmonieverständnis. Denn zieht man hier einmal den kürzeren, kann der Verlust sehr drastisch sein und einen doch weit zurückwerfen, hier ist die Frustration also dementsprechend höher anzusiedeln. Wie in der Anleitung so nett beschrieben, um des Lieben Friedens Willen, könnte man sich vorher absprechen ob und mit welchen Militärkarten man agiert.
Für mich ist dieses Spiel perfekt, auch wenn es lange dauert, aber gerade dieser Unterschied zu anderen Spielen, hebt es hervor. Die Karten dominieren das Spiel, das übermäßig große Brett dokumentiert nur den Zuwachs an Wissenschafts- und Kulturpunkten, sowie die momentanen Kulturpunkte und die Militärstärke.
Ja es scheint am Anfang relativ kompliziert und man muss sich überwinden die 30-seitige Anleitung zu lesen, aber schafft man es einmal bis dahin, ist der Weg zu einem super Spiel nicht mehr weit. Also nicht solange in den Schrank stellen, wie bei uns, sondern am besten gleich mit der Regel anfangen. Es ist ein super Spiel für Strategen, Optimierer, auf keinen Fall eins für zwischendurch.
Unsere Wertungen
Gesamtwertung: | 9.7 /10.0 |
Steffi | |
Im Wandel der Zeiten ist ein geniales Kartengesteuertes Zivilisationsaufbauspiel bei dem man endlich mal das Gefühl hat genug Zeit für seine ganzen Aktivitäten zu haben und nicht vom Spiel gedrängt zu werden. Dafür muss man aber viel Sitzfleisch mitbringen, denn eine Partie zu viert kann schon einmal 3 – 4 Stunden dauern, die aber wie im Fluge vergehen. Dieses Spiel ist für Vollblutstrategen, die Mechanismen greifen gut ineinander und es macht irre Spaß seine Zivilisation durch die verschiedenen Zeitalter zu führen und weiterzuentwickeln. Viele verschiedene Strategien können zum Sieg führen, doch kann man sich während des Spiels auch immer noch einmal umorientieren, wenn man nicht weiter kommt. Für mich bis jetzt das Beste Zivilisationsaufbauspiel mit Langzeitmotivation. | |
Peter | |
Für Vollblutstrategen geht’s nicht besser. Glück gibt es bei diesem Spiel nicht. Gelegenheitsspieler sollten allerdings besser die Finger von “Im Wandel der Zeiten” lassen. | |
Martin | |
Im Wandel der Zeiten ist ein sehr schönes Aufbauspiel, bei dem man tatsächlich einmal genug Zeit und dadurch das Gefühl hat, tatsächlich etwas aufbauen zu können. Das Material hätte man zwar liebevoller gestalten können, daher ein Meeplechen Abzug von meiner Seite aus. Spiele ich aber immer wieder gern. |