Zum „Villen des Wahnsinns“ – Grundspiel, Arkham Horror
Gebrauchsanleitung:
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Aus dem Tagebuch von Joe Diamond
„Es gibt Sex, Drogen und Rock´n Roll -
und 33,33 Prozent davon sind Gut!“ *)
( *) angelehnt an: Rollende Steine – Autor: Sir Terry Pratchett)
„Es könnten sogar 33,34 Prozent sein!“ **)
( **) Quelle. unbekannt)
Endlich hat der Regen nachgelassen. Wir sind aus dem Chevy ausgestiegen und haben nach einem kurzen Rundgang von unserem Reiseziel ein kleines Lagerfeuer angezündet. Das Autoradio habe ich angelassen – um durch die geöffnete Wagentür an diesem augenscheinlich sehr düsteren Ort wenigstens noch ein Hauch von Zivilisation an unsere Ohren dringen zu lassen. Gerade läuft das Lied Lookin´out my Backdoor von Creedence Clearwater.
Das Reiseziel ist mein Erbe!
Mein Erbe – Nun ja, zumindest hat es der Rechtsverdreher so genannt: Nachdem ich mein „Erbe“ mit eigenen Augen das erste Mal gesehen habe, würde ich es vielmehr als eine Ansammlung von baufälligen Gebäuden bezeichnen, aus denen einmal eine schöne Villen-Anlage hätte werden können. – Hätte, wenn Alles vor gefühlten 100 Jahren auch fertig gestellt und seitdem gepflegt worden wäre.
Mein Blick schweift umher: Leider hat sich hier niemand um die Fertigstellung und um ein Mindestmaß an Instandhaltung gekümmert. Inzwischen sieht daher Alles um mich herum aus wie eine alte, verlassene Stadt aus einem 3‑Groschen-Roman über den Wilden Westen. Das ist das echte Leben, keine rosafarbene Don´t Worry- Be Happy-Story!
Hinter uns, also in westlicher Richtung, liegt eine Art Steingarten, den ich mir bei besseren Lichtverhältnissen einmal näher betrachten möchte. Die Ansammlung von zusammengenagelten Brettern relativ nördlich vor uns wirken mit ein bißchen Phantasie wie ein Gartenhäuschen oder eine Art Windfang oder wie Beides. – Gleichzeitig!
Etwas weiter hinten, in westlicher Richtung, scheint ein weiteres Gartenhäuschen zu stehen und in etwa ost-süd-östlicher Richtung steht eine Art riesiger Scheiterhaufen. Ein Scheiterhaufen, wie bereit gestellt für die nächste Hexenverbrennung. Dieser riesige Bretterberg ist vermutlich das sogenannte „Herrenhaus“. Bisher zumindest habe ich noch nie von einem Scheiterhaufen mit Dach, gefliesster Terasse und Eingangstür gehört. Sie etwa? Die letzte Ansammlung von Brettern hinter mir müsste dann noch so eine Art Schuppen im Hinterhof sein. – Und in mitten dieser „Gebäude“ befinden wir uns.
Entschuldigen Sie bitte: Wer wir sind? Gestatten, ich bin Joe,
Joe Diamond.
Oder, wie der Notar gesagt hat, seit kurzem der stolze Besitzer und Erbe einer wahnsinnig schönen und herrschaftlichen Villen-Anlage im wunderschönen Ort „ Ol´Summer Hole“. Ich mustere die Gebäude wieder, aber sie sehen unverändert alt, schäbig und düster aus – sehr Alt und sehr Düster. Zumindest bei dem Wort „wahnsinnig“ hatte der Notar nicht untertrieben. Entweder war er noch nie hier gewesen oder er hat vor seinem Anwaltsberuf als Handelsvertreter für Staubsauger und Versicherungen gearbeitet – gleichzeitig.
Wegen seiner fantastischen Beschreibung hatte ich mich vorgestern entschlossen, mein Erbe umgehend in Augenschein zu nehmen. Auf meiner Reise nach „Ol´Summer Hole“ werde ich noch von Rock´n Roll und zwei mehr oder weniger guten Freunden begleitet.
Zum einen Ashcan, unserem Guitar Man und dann noch von Michael McGlenn.
McGlenn ist dabei sozusagen das „mehr oder weniger“ meiner Freunde, da er nur mitgekommen ist, weil ich ihm Geld schulde und er hofft, dass ich ihn jetzt, so quasi als reicher Erbe, bezahlen kann. Aber, ich blicke mich erneut um, zur Zeit sieht das leider nicht so aus. Es sein denn, in unserem Land werden über Nacht vergammelte Holzbalken als Zahlungsmittel akzeptiert.
Ich muss an meine Freundin denken, die leider nicht mitgekommen ist. Mag es daran liegen, dass Sie mir vor einer Woche den Laufpass gab? Ich machte mir eine gedankliche Notiz: Ich sollte diesen Umstand zumindest nicht gänzlich als Begründung ausschließen!
Aber, der Blick soll ja nach vorne gehen. Immerhin hat ja schon mal der Regen aufgehört. Seltsam, trotz des nachgelassenen Regens ist es unverändert düster – und das mitten am Tag. Die klamme, feuchte Kälte durchdringt meine Kleidung. Ich bin froh, dass ich wenigstens an meine Süße von „Smith and Wesson“ gedacht habe, die sich in Ihrem Holster fest an mich schmiegt. Wenigstens ein vertrautes Gefühl! Ich schaue Ashcan an, der gerade seine Gitarre stimmt und McGlenn, der finster ins Feuer blickt und dabei seinen Geigenkoffer fest umschlossen hält. Seltsam, ich wusste gar nicht, dass McGlenn ein Instrument spielt? Na ja, in Jedem von uns sollen ja unendeckte Talente schlummern.
Ich rücke näher an das prasselnde Lagerfeuer heran und muss an ein lange zurückliegendes Gespräch mit meinem Onkel Arti denken, der mir das Alles hier hinterlassen hatte – Es ist sehr lange her, ich war noch fast ein Kind. Ich erinnere mich daran, dass er mich während einer Familienfeier einmal beiseite nahm. Ich spüre den Geruch seiner alten Tabakpfeife in meiner Nase während ich seine Stimme vernehme: „Wir sind eine ganz besondere Familie, das weißt Du, oder? (Na klar sind wir das, welche Familie heißt mit Nachnamen schon DIAMOND ?) „Das Leben bietet so viel mehr als dass, was man euch in der Schule beibringt und den eigenen Horizont zu erweitern ist für uns eine Familientradition. Deine Eltern wollen (…) Dir die Wahrheit vorenthalten.“
Ich wusste damals nicht, was er mir damit sagen wollte. Aber ich finde es seltsam, dass ich mich erst jetzt, eine ganze Weile, nachdem ich von seinem Tod erfahren habe, mich daran erinnere?
Während im Hintergrund Eighteen and Life von Skid Row spielt, überlege ich, ob es sich noch lohnt, Gelände und Gebäude weiter zu durchsuchen oder ob wir gleich wieder umkehren sollten. Kann ich das Erbe vielleicht noch ausschlagen?
In dem Moment erklingt ein furchtbar klingender Hilfeschrei aus nordwestlicher Richtung (oder war es Westen?). Ich stehe rasch auf. – Wer und warum schreit jemand so herzzereißend? Ich begebe mich zum nördlich gelegenen Gebäude und drücke die Türklinke. Sie bewegt sich und ich kann die Tür öffnen. Soll ich hineingehen? Alleine? Ich wage es. In dem Raum entdecke ich außer einem Durchgang in ein zweites Zimmer allerdings nichts, was eines weiteren Blickes würdig gewesen wäre. Durch die zugigen Reste, die einmal ein Fenster waren, sehe ich wie sich Ashcan auf den Weg zu den Gebäuden im östlichen Bereich des Grundstücks aufmacht und McGlenn auf einen Metallschrank zugeht, der sich an der Gebäuderuine anlehnt, die ich gerade betreten habe. Ich höre noch, wie er an dem Schrank rüttelt, weiter nichts. Fehlt ihm vielleicht ein Schlüssel? Aus Messing gar?
Da – jetzt höre ich ein tiefes Brummen aus der Ferne – Soll ich diese Ruine verlassen oder mich weiter umschauen? Kam der Schrei vielleicht doch aus dem hinteren Raum, den ich noch nicht überprüft habe? Ich weiss es nicht. Ich entscheide mich dazu, weiterzugehen und betrete den nächsten Raum. Ich finde ein altes Buch. Mich durchfährt ein Schauer, als ich es berühre. „Whateleys Tagebuch“ steht auf dem Einband. Ich entschliesse mich dagegen es jetzt durchzublättern, packe es aber ein, eventuell kann es noch nützen. Ich sehe meine Freunde nicht mehr.
Plötzlich ist es absolut still – und da – höre ich ein Flüstern – nein- ich SPÜRE eine Stimme – eine Stimme, hinter meiner Stirn. Ich schwitze und spüre plötzlich eine ganz unbekannte Art von Kälte in meinem Herz – Die Stimme, ich muss ihr zuhören! – SIE formuliert Worte – was sagt SIE? SIE erzählt etwas von einem PAKT. Mich interessieren PAKTE aber nicht. Offen gesagt, nach meiner 3. Ehe HASSE ich zu enge Bindungen geradezu. Langsam haben sich meine Augen an die Düsterheit gewöhnt und ich kann einen Schatten an der Wand erkennen. Ist es dieser Schatten, der zu mir spricht?
Während ich meine rechte Hand vorsichtig in meinen Mantel schiebe, hebe ich demonstrativ meinen linken Arm hoch, den ich zur Faust geballt habe. Nachdem meine Faust deutlich in dem vermutlichen Sichtfeld meines Gegenübers zu sehen sein müsste, hebe ich langsam den Zeigefinger nach oben und gebe dem Wesen damit in der weltbekanntesten aller Arten der Zeichensprache zu verstehen, was ich von seinem Vorschlag halte. Nichts ! Auf den Ausspruch des Zitates von einem gewissen Götz von Berlichingen, das mir auf der Zunge liegt, verzichte ich.
Ich spüre einen ungläubigen Blick . Mit dieser Antwort hatte die Monströsität offenbar nicht gerechnet! HAH!
Der Schatten bewegt sich – etwas hebt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. Darauf habe ich gewartet. Schnell wie ein Pfeil schnellt meine verborgene, rechte Hand aus meinem Mantel hervor. Ich habe meine „Süße“ dabei fest umschlossen. Ich drücke ab. BAMM! 45mm-Vollstahlmantel-Geschosse fliegen in geradezu emsiger Betriebsamkeit der Wand entgegen. – Und damit auch in Richtung des Schattens, der sich auf mich zubewegt.
Mit einer 45er ist es nicht wichtig, ob man EXAKT trifft – die ungefähre Richtung genügt vollkommen, um jegliche Gestalt – ob irdisch oder nicht – in eine andere Welt zu befördern! Aus der Ferne höre ich von Train: Angel in Blue Jeans.
Oh, ich fasse es nicht – obwohl ich getroffen habe, kommt das Ding weiter auf mich zu. Jetzt sehe ich es. Es ist eine Art überdimensionierte Fliege mit Vollbart (?), die weiter auf mich zukommt. Plötzlich verändert das Insekt seine Richtung – es sieht so aus, als würde es von mir weg in Richtung Tür gezogen werden. Aber meine Erleichterung hält nicht lange an. Nur einen Moment später fliegt es wieder auf mich zu, packt mich mit seinen Extremitäten und versucht, mich zur Decke hochziehen. Es hält meinen rechten Arm fest, in diesem Winkel kann ich es nicht mit meiner „Süssen“ treffen.
Welche Möglichkeiten habe ich jetzt? Nur wenige – Ich hole mit voller Wucht mit meinem Bein aus und trete es in – wohin auch immer – auf jeden Fall in eine sehr weiche Stelle . Dadurch bekomme ich meine rechte Hand frei. – Ich ziele auf die häßliche Fratze mit dem Bart und drücke ab. BAMM. Endlich – dieses üble Geschöpf aus der Hölle lässt mich wieder frei und sackt in sich zusammen. Ich bin schweißüberstömt. Auch wenn ich mit dem Rauchen aufgehört habe, jetzt wäre es wieder Zeit, damit anzufangen. Ich spüre eine Flüssigkeit in meinem Mund, sie schmeckt leicht metallisch. Es ist mein Blut. Das Mistvieh hat mir einen Zahn herausgerissen. Vielleicht hätte es seine Beute behalten können, wenn es mich zuvor erledigt hätte. Falsche Entscheidung, Miststück. Ich lächele grimmig.
Ich überlege. Gibt es einen Zusammenhang zwischen diesem Ungetüm und meinem Onkel? Ich hoffe nicht. Obwohl, man kann nie wissen, Fehler macht jeder. (Nein, damit meine ich jetzt nicht Exfrau Nr. 1.) Ich krame in meinen Erinnerungen. In meiner Jugend habe ich Geistergeschichten gelesen. Demnach müssen Höllenungetüme GERUFEN werden. Und da diese Ansammlung von Gebäuderesten sich nicht wirklich für Treffen von geheimen Zirkeln eignen, muss ich wohl erst einmal der Tatsache ins Auge blicken, dass Onkel Arti seine Hände dabei sehr deutlich im Spiel gehabt haben muss.
Oh verdammt.…
Fortsetzung folgt…
Sven Pfannenschmid
11.09.2014
Infobox – Villen des Wahnsinns
Autoren | Corey Konieczka |
Grafiker | Anders Finér, Christopher Burdett, Anders Finér, Henning Ludvigsen |
Verlag | Heidelberger Spieleverlag, Fantasy Flight Games |
Jahr | 2011 |
Thema | Abenteuer, Entdecken, Fantasy, Kämpfen, Horror |
Mechaniken | Gebietsbewegung, Würfel, Kartenhand verwalten, Modulares Spielbrett, Partnerschaften |
Du hast definitiv den Beruf verfehlt du hättest mit deinem ,
Zitat:“Na ja, in Jedem von uns sollen ja unentdeckte Talente schlummern” wie anscheinend auch bei dir, Autor werden sollen.
Sehr Genial erzählt. Weiter so.
Möchte auf jeden Fall mehr von dir lesen.