Mit dem Kennerspiel des Jahres 2014 habe ich eine Weile gezögert, bis ich es mir letztendlich dann doch zugelegt habe. Mich sprach das Thema anfangs irgendwie nicht an, obwohl wir die Kennerspiele des Jahres ja eigentlich immer blind gekauft haben. Nun ist es nach einigem Hin und Her ja doch in unserem Spieleschrank gelandet und wir bereuen es auf keinen Fall. Von unseren Erfahrungen aus den schon gespielten zahlreichen Partien berichte ich nun.
Spielprinzip:
Wir sind Kaufleute und befinden und auf dem Basarviertel von Istanbul. Mit unseren Gehilfen wandern wir über den Markt um die rentabelsten Geschäfte zu machen. Die verschiedenen Orte im Viertel werden genutzt um Aktionen auszuführen. Dabei haben wir nur eins im Sinn, Rubine zu sammeln. Geld und Waren sind zwar auch nicht zu unterschätzen, doch gewinnt derjenige, der zuerst 5 der wertvollen Rubine gesammelt hat. So gilt es im Basargetümmel den Überblick zu behalten und möglichst die kürzesten und lukrativsten Wege einzuschlagen.
Infobox – Istanbul
Autoren | Rüdiger Dorn |
Grafiker | Andreas Resch, Hans-Georg Schneider |
Verlag | Pegasus Spiele, Piatnik, Portal Games, Matagot |
Jahr | 2014 |
Auszeichnungen | Kennerspiel des Jahres 2014 |
Thema | Wirtschaft |
Mechaniken | Würfel, Rasterbewegung, Modulares Spielbrett, Pick-up and Deliver |
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Spielanleitung:
Die Spielregeln sind leicht verständlich und leicht überschaubar, obwohl es einem anfangs aufgrund der 16 verschiedenen Orte nicht so vorkommt. Denn die Aktionen der Orte müssen alle erklärt und verinnerlicht werden, aber durch die tolle Symbolik auf den Ortskarten findet man sich auch später im Spiel noch super damit zurecht.
Spielmaterial:
Die verschiedenen Ortskarten haben eine angenehme Größe und sind aus stabiler, dicker Pappe. Die Spielsteine sind aus Holz, die Rubine funkeln richtig und sind aus Plastik. Die Bonusplättchen, das Gold sind ebenfalls aus stabiler Pappe. Die Ortskarten sind super schön illustriert und man fühlt sich richtig als wäre man mittendrin statt nur dabei. Auch die verschiedenen Bonuskarten habe eine eindeutige Symbolik und man findet such sehr schnell zurecht.
Spielablauf:
Die 16 Ortskarten werden in einem 4 x 4 Raster ausgelegt. Dabei kann man unter einer Einführungsaufstellung “Kurze Wege” oder anderen Varianten für Startaufstellungen wählen. Sind die Orte auf dem Tisch verteilt müssen einige von ihnen noch mit Material bestückt werden.
- Pro Spieler kommen ein Rubin und 3 Handkarrenerweiterungen auf die Wagnerei
- Auf die Post kommen 4 neutrale Steine auf die obere Reihe.
- Auf die Moscheen kommen je nach Spieleranzahl Edelsteine und Moscheeplättchen.
- Die Nachfrageplättchen werden gemischt und auf den großen und kleinen Markt gelegt.
- Zum Sultanspalast und auf den Edelsteinhändler kommen je nach Spieleranzahl die Edelsteine.
Jeder Spieler wählt eine Farbe und stellt seinen Kaufmann und die 4 Gehilfen auf den Brunnen, das Familienmitglied kommt jeweils auf die Polizeiwache. Dann bekommt man noch einen eigenen Handkarren, und pro Warensorte ein Markierungsstein, der anfangs auf dem grauen Feld steht. Der Startspieler bekommt noch 2 Lira, die anderen Spieler im Uhrzeigersinn immer 1 Lira mehr als der Vordermann. Zusätzlich gibt es noch eine Bonuskarte auf die Hand.
Nun bewegt der Startspieler seinen Kaufmann mitsamt seinen Gehilfen vorwärts. Er darf sich entscheiden, ob er sich 1 oder 2 Orte weit bewegt. Bewegen kann er sich nur in waagerechter oder senkrechter Richtung. Am Zielort angekommen, hat er nun folgende Möglichkeiten:
- Auf dem Ort befindet sich kein eigener Gehilfe, nun kann der Spieler die Aktion des Ortes nutzen. Dafür muss er einen Gehilfenstein unter seinem Kaufmann wegnehmen und ihn auf diesem Ort liegen lassen. Hat man keine Gehilfen mehr, kann die Aktion des Ortes nicht genutzt werden.
- Steht auf dem Zielort bereits ein eigener Gehilfe, kann er diesen wieder einsammeln und unter seinen Kaufmann zurück schieben. Die Aktion des Ortes kann ebenfalls noch genutzt werden.
Trifft man an seinem Zielort auf andere Kaufmänner, so muss man diesen 2 Lira bezahlen, um die Aktion des Ortes ebenfalls nutzen zu können, tut man dies nicht, endet die Aktion.
Steht ein anderes Familienmitglied auf dem Zielort, schickt man diesen unverzüglich in die Polizeiwache zurück, wofür man 3 Lira oder eine Bonuskarte bekommt.
Begegnet man am Zielort dem Schmuggler, so darf man sich gegen zwei Lira oder im Tausch gegen eine andere Ware, eine beliebige Ware nehmen.
Begegnet man am Zielort dem Gouverneur, so kann man sich eine Bonuskarte ziehen und diese gegen eine auf seiner Hand tauschen oder für 2 Lira kaufen.
Ist man dem Schmuggler oder Gouverneur begegnet, würfelt man anschließend deren neue Position aus.
Ortsaktionen:
- In der Wagnerei kann der Spieler im Laufe des Spieles bis zu 3 Handkarrenerweiterungen erwerben. Jede Erweiterung kostet 7 Lira. Hat man die dritte Erweiterung verbaut, bekommt man sofort einen Edelstein von der Wagnerei und legt ihn auf dem Handkarren ab.
- Im Tuch‑, Gewürz‑, Obstlager darf der Spieler den Warenanzeiger bis ganz rechts auf das Limit schieben.
- Im Postamt nimmt man sich einfach den Ertrag der 4 sichtbaren, also nicht von den Steinen bedeckten Feldern. Anschließend wird der linke Postanzeiger nach unten verschoben. Sind bereits alle unten, werden sie wieder hochgeschoben.
- In der Karawanserei nimmt man sich zwei Bonuskarten auf die Hand und legt eine andere ab. Bei dieser Aktion darf man beim Ziehen auch die oben liegenden Bonuskarten des Ablagestapels nehmen.
- Beim Brunnen kann der Spieler beliebig viele seiner Gehilfen wieder unter den Kaufmann schieben. Dies ist der einzige Ort, wo die Begegnung mit anderen Kaufleuten kein Geld kostet und wo der Kaufmann eine Aktion alleine ausführen kann. Wird das Familienmitglied zum Brunnen geschickt sammeln sich die Gehilfen trotzdem beim Kaufmann.
- Auf dem Schwarzmarkt nimmt man sich eine grübe, gelbe oder rote Ware. Anschließend wirft man beide Würfel.Bei einer 7 oder 8 bekommt man eine blaue Ware, bei einer 9 oder 10 zwei blaue Waren, bei einer 11 oder 12 gleich 3 blaue Waren.
- In der Teestube sagt man eine Zahl zwischen 3 und 12 an. Anschließend werden beide Würfel geworfen. Ist die Würfelsumme mindestens so groß wie die angesagt Zahl, bekommt man die angesagte Anzahl in Lira aus dem Vorrat ausgezahlt. Falls nicht, erhält man immerhin 2 Lira.
- Beim Kleinen und Großen Markt kann man 1 – 5 Waren der auf dem Nachfrageplättchen angezeigten Waren aus dem Handkarren verkaufen. Man erhält Lira laut der Tabelle. Anschließend wird das gebrauchte Nachfrageplättchen unter den Stapel geschoben.
- In der Polizeiwache befreit man sein Familienmitglied aus dem Gefängnis und schickt es an einen beliebigen Ort, dessen Aktion man dann sofort ausführt. Diese Aktion kann nur durchgeführt werden wenn sich das Familienmitglied in der Polizeiwache befindet. Es kann von anderen Kaufleuten wieder eingefangen und zur Polizeiwache zurückgeschickt werden. Der Einfänger erhält als Belohnung 1 Bonuskarte oder 3 Lira. Familienmitglieder haben keine Begegnungen.
- Im Sultanspalast wird der Sultan mit allen Waren beliefert, die nicht durch einen Edelstein verdeckt sind. Als Belohnung bekommt man den nächsten Rubin aus der Reihe und legt ihn auf seinem Handkarren ab. Der nächste Rubin wird somit noch teurer.
- In der Kleinen und Großen Moschee bekommt man ein Moscheeplättchen. Dafür müssen die auf dem Plättchen angezeigten Waren in der angezeigten Anzahl auf dem Handkarren vorhanden sein, 1 Ware davon muss abgegeben werden. Man darf jede Plättchensorte nur 1 x besitzen.
- Beim Edelsteinhändler kauft man sich den nächsten Rubin aus der Reihe. Hierfür müssen soviele Lira abgegeben werden, wie die höchste, nicht durch einen Rubin verdeckte Zahl anzeigt. Der erworbene Rubin kommt auf den Handkarren, der nächste Rubin wird teurer.
Die erhaltenen Moscheeplättchen bringen folgende Vorteile:
- Das gelbe Plättchen erlaubt einem 1x pro Zug für 2 Lira einen eigenen Gehilfen zurück zum Kaufmann zu nehmen.
- Das rote Plättchen erlaubt einem in der Teestube und beim Schwarzmarkt nach dem Würfeln einen der beiden Würfel auf eine 4 zu drehen oder beide Würfel erneut zu würfeln.
- Das grüne Plättchen erlaubt einem bei der Nutzung der Lager für 2 Lira eine beliebige zusätzliche Ware zu kaufen.
- Durch das blaue Plättchen bekommt man sofort seinen 5. Gehilfen aus dem Vorrat und legt ihn unter seinen Kaufmann.
Von den Bonuskarten darf man beliebig viele Bonuskarten auf der Hand haben und auch beliebig viele pro Zug ausspielen. Nachdem man sie genutzt hat, werden sie offen auf den Ablagestapel der Karawanserei gelegt. Die Bonuskarten bringen folgende Vorteile:
- Eine Ware der Wahl nehmen und auf den Handkarren legen.
- 5 Lira aus dem Vorrat nehmen.
- Wenn man sich auf dem Sultanspalast befindet, darf man die Ortsaktion ein zweites Mal ausführen.
- Wenn man sich im Postamt befindet, darf man die Ortsaktion ein zweites Mal ausführen.
- Wenn man sich beim Edelsteinhändler befindet, darf man die Ortsaktion ein zweites Mal ausführen.
- Sein eigenes Familienmitglied in die Polizeiwache stellen und die Belohnung kassieren.
- Man braucht sich nicht zu bewegen, sondern darf stehen bleiben.
- Im Abschnitt Bewegung einen Gehilfen zum Kaufmann zurücknehmen.
- Wenn man am kleinen Markt verkauft, darf man beliebige Waren verkaufen, anstatt der abgebildeten.
Spielende:
Sobald ein Spieler den 5ten Rubin auf seinem Handkarren abgelegt hat, wird die Runde noch bis zum Startspieler zu Ende gespielt. Wer dann am meisten Rubine gesammelt hat, gewinnt das Spiel. Bei Gleichstand entscheidet in folgender Reihenfolge:
- Wer das meiste Geld hat
- Wer mehr Waren auf seinem Handkarren hat
- Wer mehr Bonuskarten hat.
Fazit:
Istanbul ist “Kennerspiel des Jahres” ohne dabei außergewöhnlich kompliziert zu sein. Sobald man verinnerlicht hat, was die verschiedenen Orte für Funktionen haben läuft das Spiel schnell und flüssig. Es entsteht keine lange Downtime, da die Züge an sich auch relativ kurz sind. Dadurch, das man in jeder Runde die Orte auch anders anordnen kann, kann man sich keine immer funktionierende Strategie zurechtlegen, was auf jeden Fall auch zur Langzeitmotivation beiträgt.
Der Kaufmann/Gehilfen – Mechanismus gefällt mir ausgesprochen gut, da man auch immer dafür sorgen muss, das der Kaufmann nicht auf einmal mitten auf dem Basar ohne Gehilfen dasteht und nutzlos ist. Dies sollte tunlichst vermieden werden, den es kostet den Kaufmann Zeit, zum Brunnen zurückzukommen, wenn er sich weit entfernt hat. Es entwickelt sich ein hochspannendes Wettrennen um die begehrten Rubine, denn man hat ja den Fortschritt seiner Mitspieler auch immer mit im Auge.
Es gibt auch unterschiedliche Möglichkeiten zum Erfolg zu kommen, entweder durch Waren oder auch durch Geld. Die Moscheeplättchen sollte man auf jeden Fall nicht aus dem Auge verlieren, denn gerade ein fünfter Gehilfe und das erneute Würfeln mit dem roten Plättchen sind ungemeine Vorteile.
Die Spieldauer ist relativ kurz mit 40 – 60 Minuten, also ein Absacker Spiel oder ein Spiel für né schnelle Runde zwischendurch. Die Mischung aus den zahlreichen Möglichkeiten, einem faszinierenden Zugmechanismus und der ewig lauernden Konkurrenz machen Istanbul zu einem sehr kurzweiligen und vergnüglichen Spiel. Die tolle Grafik tut ihr übriges, um ganz im Basarleben einzutauchen.
Das Spiel hat klare, gut durchdachte Regeln, die man einigermaßen schnell verinnerlichen kann, das Spielthema “Handeln und Kaufen” in Istanbul wird überzeugend umgesetzt. Ein großer Vorteil ist auch, das das Spiel nicht gleich für einen gelaufen ist, wenn man mal einen Fehler begangen hat. Der Spieler hat genügend andere Möglichkeiten zum Ziel zu gelangen. Durch die Begegnung mit Zusatzfiguren oder Figuren der Mitspieler kommt noch eine gewisse Dynamik ins Spiel. Es fällt für mich eher in die Kategorie “Seichtes Kennerspiel” oder “Anspruchsvolles Familienspiel”, denn es ist nicht so komplex, wie es einem am Anfang vorkommt. Von mir eine absolute Kaufempfehlung, für ein schönes, kurzweiliges Spiel.
Unsere Wertungen
Gesamtwertung: | 6.5 /10.0 |
Martin | |
Flott zu spielen und durch den variablen Spielplan immer wieder anders. Gefällt mir sehr gut, wenn man mal nicht viel Zeit oder Gelegenheitsspieler hat oder auch als “Absacker”. | |
Peter | |
Ein leicht verständliches Spiel. Es dauert nicht so lange und der Wiederspielereiz wird durch das zufällige neue Anordnen der Ortstafeln gefördert. Auch hier braucht jeder Glück beim Würfeln, doch wer seine Wege gut nutzt, spart kostbare Zeit zum Sammeln der Rubine. |